Im Februar nannte ver.di die geplante Schließung des Druckstandortes von Prinovis in Itzehoe einen „feigen Angriff des blanken Kapitalismus auf Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Itzehoe“. Dabei bleibt es. Ende April ist Schluss für die über 1000 Beschäftigten, die vor einer ungewissen Zukunft stehen. Die gesamte Region wird in der Folge mit massiven sozialen und strukturellen Problemen zu kämpfen haben.
Der Sozialplan, der für die Beschäftigten ausgehandelt worden ist, ist für die Stammbelegschaft ein Erfolg, weil er über dem liegt, was sonst in der Branche üblich ist. So beeilte sich auch Bertram Strausberg, CEO von Prinovis in Itzehoe, zu betonen, „dass die gefundenen Regelungen keinen Orientierungscharakter für andere Sozialpläne in der Branche darstellen könnten.“ Die Aktionen und die Entschiedenheit der Belegschaft, die Solidarität der gesamten Region, nicht zuletzt auch die Berichterstattung in den Medien und das Konzept, die Eigner Bertelsmann und Springer direkt anzugehen, haben dieses Ergebnis ermöglicht:
1,25 Monatsgehälter pro Beschäftigungsjahr, Zuschläge bspw. pro Kind oder Grad einer Schwerbehinderung, Mitarbeiter über 60 bekommen 40 Prozent des möglichen Gehalts bis zum Renteneintritt. Während des Rückbaus werden Angestellte weiter beschäftigt oder an andere Standorte von Prinovis, mit Zuschlag für den Umzug. Eine Transfergesellschaft soll für die Belegschaftsangehörigen einen Übergang in eine neue Beschäftigung ermöglichen.
Dieser Sozialplan gilt allerdings ausschließlich für die Stammbelegschaft. Zu Beginn hatte ver.di noch gefordert, dass der Sozialplan auch für die LeiharbeiterInnen und Beschäftigte mit Werkverträgen gelten solle. Martin Dieckmann, Verhandlungsführer von ver.di, hatte betont: „Die Dreiklassen- und sogar Vierklassenbelegschaft bei Prinovis wird nicht mehr akzeptiert. Wenn das Kapital sich von Arbeitskraft trennt, bleiben die Menschen. Sie sind alle gleich in selber Not. Auch hier darf kein Blatt dazwischen passen.“
Es ging also darum, die Strategie der Unternehmensleitung zu durchkreuzen, die in der Vergangenheit Profite auch und gerade durch die Beschäftigung von LeiharbeiterInnen und durch Beschäftigte mit Werkverträgen erwirtschaftet hatte. Prinovis ist geradezu exemplarisch dafür, um aufzuzeigen, was den wahren Charakter der Leiharbeit ausmacht: Sie soll Arbeitskosten minimieren und gleichzeitig den Druck auf die Stammbelegschaft maximieren. Beides hat in Itzehoe funktioniert.
In Itzehoe sind davon etwa ein Drittel der Beschäftigten betroffen, die meisten länger als drei Jahre bei Prinovis, einige bis zu zehn Jahre im gleichen Betrieb, ohne eine Chance auf Übernahme. Vielmehr wurden sie im Jahrestakt in immer neue Verträge gedrängt, um keine weitergehenden Ansprüche entstehen zu lassen. Im Abkommen zwischen Prinovis und ArbeitnehmervertreterInnen ist festgelegt, dass „Prinovis die Kosten zur Einrichtung einer Transfergesellschaft für insgesamt rund 350 Mitarbeiter in Werkverträgen und Arbeitnehmerüberlassung der größten für den Betrieb Itzehoe tätigen Personalservicegesellschaft“ übernimmt. Die LeiharbeiterInnen bleiben also außen vor…
So bleibt als Fazit: Der Sozialplan ist für die Stammbelegschaft durchaus ein Erfolg. Die Strategie von Prinovis aber, die Belegschaft zu spalten, die „Vierklassenbelegschaft“, war erfolgreich, hier hat der „blanke Kapitalismus“ gesiegt. Eine Lehre für die Zukunft könnte sein, schon von Anfang an keine Trennung zwischen Stammbelegschaft und anderen Arbeitskräften zu dulden, die Einrichtung von Betriebsräten in Unternehmen der ArbeitnehmerInnenüberlassung verbindlich zu machen und perspektivisch für die Abschaffung der entwürdigenden Praxis der Leiharbeit und Werkverträge zu streiten.
Lohnkämpfe sind wichtig und notwendig, aber auf Dauer werden sie rein defensiven Charakter behalten, wenn nicht dazu die Perspektive tritt, wie unsere Gesellschaft sozial, gerecht und solidarisch gestaltet werden kann.