Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde!
Ich freue mich, heute als Vertreter der „Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit“ (WASG) hier zu Euch sprechen zu können.
Ein Motto des diesjährigen Ostermarsches lautet: „Abrüstung statt Sozialabbau“. Ich will kurz ein paar Worte zu diesem Zusammenhang sagen, um dann zu einigen aus meiner Sicht notwendigen Schlußfolgerungen für die linken und friedensbewegten Kräfte in diesem Lande zu kommen:
Genauso wenig wie die „ große Armuth […] von der großen Powerteh her“ (Fritz Reuter, Ut mine Stromtid) kommt, genauso wenig erwächst der Krieg aus der Natur des Menschen, sondern hat konkrete Ursachen, die sowohl der Armut als auch dem Krieg gemein sind: Es geht um die Verfügung der Industriestaaten über die Ressourcen dieser Welt. Das, was man uns weltweit als Menschenrechtsinterventionismus verkauft, dient letztlich der Aufrechterhaltung der globalen Ausbeutungsverhältnisse und ihrer Ausdehnung auf Staaten und Gemeinwesen, die auf die eine oder andere Weise nicht gefügig sind. Wir sollten uns fragen, ob wir es hierbei nicht mit einer neuen Form des Kolonialismus zu tun haben, wenn man sieht, daß in den zur ‚Zivilisation’ gebombten Ländern eine wesentliche Maxime der ungehinderte Zugriff der Kapitalgesellschaften, auch der deutschen, auf die Märkte und Rohstoffe dieser Länder ist.
Doch auch in den einzelnen Staaten wird eine Politik des Sozialabbaus betrieben, die die Gewinne maximieren soll. Durch Hartz IV, Massenarbeitslosigkeit und Billigjobs werden immer mehr Menschen auch in Deutschland in Armut und Resignation getrieben. Gesundheit und Bildung werden zur Ware degradiert, die sich nur noch die leisten können, die dafür das nötige Geld haben. Alle anderen sollen nur noch billige und willfährige Arbeitskräfte sein, solange sie sich am Markt verwerten lassen. Danach kann man sie aufs Abstellgleis schieben – oder besser noch, sie geben „einen Löffel oder besser gleich ein paar“ ab, wie es der ehemalige Chef der Jungen Liberalen im letzten Jahr gefordert hat (Welt v. 5.5.05). Abgesichert wird das durch eine repressive Innenpolitik, die immer mehr Grund- und Bürgerrechte einschränkt. Begründet durch das Argument des Kampfes gegen den Terrorismus werden die Voraussetzungen geschaffen, Widerstand niederzuhalten.
Sicher ist es richtig, daß wir klar den Terrorismus und beispielsweise den Antisemitismus und die Holocaust-Leugnung des iranischen Präsidenten ächten müssen. Aber müssen wir uns nicht auch die Frage stellen, ob es eine Form des Terrorismus ist, daß durch diese Weltwirtschaftsordnung Jahr für Jahr zig Millionen Menschen umkommen, weil sie nicht genügend zu essen, keine ausreichende medizinische Versorgung oder kein sauberes Trinkwasser haben?!
Dagegen brauchen wir als Perspektive einen neuen Humanismus beziehungsweise eine neue Aufklärung, die wir der globalen Ausbeutungsmaschinerie entgegensetzen. Wir dürfen es nicht zulassen, daß der Profit zum alles entscheidenden Kriterium im Zusammenleben der Menschen gemacht wird. Unser Ziel sollte eine solidarische, sozial gerechte und friedliche Gesellschaft sein, die das Wohl aller Menschen in den Mittelpunkt ihres Handelns stellt!
Der ehemalige amerikanische Sicherheitsberater Zbigniew Brzezinski hat das letztes Jahr so formuliert: „Die Globalisierung darf nicht länger mißbraucht werden, immer wieder ökonomische Vorteile aus den Menschen herauszupressen. Im Gegenteil: Globalisierung muß Teil einer weltweiten Sozialpolitik werden, die sich mit den Herausforderungen beschäftigt, denen ein wachsender Teil der Weltbevölkerung offensichtlich ausgesetzt ist.“ (Freitag, v. 4.3.05) Um das zu erreichen, brauchen wir die Aufklärung über die Kriegs- und Reformlügen, wie sie uns allseits entgegenschlagen. Das Zusammenwirken von Friedensbewegung, Gewerkschaften und sozialen Bewegungen ist dafür eine notwendige Bedingung, sowohl auf europäischer und internationaler Ebene als auch in der konkreten Arbeit vor Ort. Eine andere Welt ist möglich – aber sie ist auch notwendig und wir müssen für sie streiten!
Dafür muß die neue linke Partei wirken, die WASG und Linkspartei zusammen mit vielen Bündnispartnern auch hier in Schleswig-Holstein realisieren wollen. Neben dem Kampf um soziale Gerechtigkeit müssen dort glasklare Friedenspositionen verankert werden. Wenn sie nicht irgendwann wie die Grünen enden will, muß die neue Partei neben dem Ringen um Parlamentssitze Teil einer gesellschaftlichen Gegenmacht werden. Dafür brauchen wir die Ausdauer und Beständigkeit der Friedensbewegung. Ihr wollen wir ein verläßlicher Bündnispartner sein! In diesem Sinne: Wir sehen uns bei der nächsten Demo oder der nächsten Veranstaltung – und ganz bestimmt beim nächsten Ostermarsch.