
Die Debatte um die Äußerungen Kevin Kühnerts wird immer bizarrer. Jetzt mischt sich Sigmar Gabriel mit einer schrägen Geschichtsstunde ein: Mit der Internationalen Arbeiterassoziation hätte die Geschichte der "sozialen Marktwirtschaft" begonnen. Ihr Ziel sei nicht Vergesellschaftung gewesen, sondern ein "freies Leben" und ein "angemessener Teil am Haben". Deshalb würden die Mitglieder der Internationale heutzutage unsere Gesellschaft als "Sozialismus" bezeichnen. Entweder kennt Gabriel tatsächlich nicht die Dokumente der damaligen Zeit oder er verfälscht bewusst:
Es ist dort in den Protokollen von "Emanzipation der Menschheit" durch das Erringen der "politischen Macht" durch das "international organisierte Proletariat" die Rede. Von der "Expropriation des Kapitalismus" und die "gesellschaftliche Besitzergreifung der Produktionsmittel". Die Sozialisten damals wussten um den Charakter des Kapitalismus, ihr Ziel waren keine Krümel vom Kuchen, sie wollten die ganze Bäckerei. Umso spannender ist, dass die aktuelle Diskussion trotz aller Geschichtsklitterung genau um diesen Kern geht: Wem gehört unsere Gesellschaft, unser Reichtum, nicht nur national, sondern global?