
Während meines Studiums und als Historiker habe ich mich mit dem Antisemitismus, mit der Ermordung der europäischen Juden, dem Holocaust oder besser der Shoah, auseinandergesetzt. Einer der Gründe, der mich neben dem Kontakt zu Überlebenden, zu dieser Auseinandersetzung getrieben hat, war der Film "Schindlers Liste". In der Schulzeit hat mich wohl kein Film ähnlich bewegt. In den 1990ern wurden dem Werk Spielbergs Vorwürfe gemacht, die bildliche Darstellung würde Auschwitz den Schrecken nehmen, die Emotionalisierung sei falsch, es sei eine Kommerzialisierung des Schreckens oder die Darstellung Schindlers erlaube Deutschen die "Reinwaschung" durch die Identifikation mit dem "guten Deutschen".
Für mich trifft keine dieser Kritiken, im Gegenteil: Gerade die Emotionalisierung verbunden mit der cineastischen Darstellung haben bei mir den Effekt gehabt, mehr wissen zu wollen, wie es anderen vielleicht damals bei der Serie "Holocaust" gegangen ist. Mir ist das noch einmal klar geworden bei meinem Besuch in Auschwitz im letzten Dezember. Mehr noch als die ratio, die wissenschaftliche Auseinandersetzung, wirkt der Schock, dass Auschwitz Wirklichkeit ist, dass es geschehen konnte. Und gerade die Figur Schindlers in ihrer Widersprüchlichkeit macht für mich deutlich: Es gab Handlungsoptionen, immer, es gab immer die Möglichkeit, sich zu entscheiden, wie es auch in dem Buch von Christopher Browning "Ordinary men" deutlich wird, das ich übrigens zum Lesen empfehle. Mit den Einnahmen des Films hat Spielberg die "Shoah Foundation" gegründet, die Zeitzeugenberichte von Überlebenden sammelt.
Kurz und gut, am Sonntag wird Schindler's List noch einmal bundesweit in den Kinos aufgeführt, anlässlich des Holocaust-Gedenktags, des Tags der Befreiung von Auschwitz. Wer von Euch den Film noch nicht gesehen hat, sollte es tun. Wer es schon getan hat, packt Freunde und Familie ein und geht nochmal rein.