
In Katowice wurde in der Nachspielzeit ein Regelwerk verabschiedet, mit dem Fortschritte bei der Umsetzung des Pariser Klimaabkommens kontrolliert werden sollen. Das ist ein Erfolg gegen den Klimaskeptizismus von Staaten wie den USA oder Brasilien. Dass die Länder des globalen Südens sich nicht auf verbindliche Regelungen zur Finanzierung von Klimaschäden berufen können, dass der alarmierende Appell des Weltklimarates für entschiedenere Maßnahmen nicht gehört wurde, ist dagegen bitter. Umweltministerin Svenja Schulze hat sich in Polen verpflichtet, bis 2020 ambitioniertere Klimaschutzziele vorzulegen.
Unvermeidlich, dass Wirtschaftsminister Peter Altmaier, der sich allerorten als Bremser profiliert, seine Kollegin zurechtweist: Es sei ihr gutes Recht, als Privatperson eine solche Erklärung zu unterschreiben, die Bundesregierung müsse aber eine »realistische« Politik machen.
Was das bedeutet, beweist die große Koalition täglich: Stillstand in der Klimapolitik, Verschleppen des Kohleausstiegs und des Strukturwandels in den betroffenen Regionen. Statt dessen ein Kurs, der Großkonzerne bei Energiepreisen entlastet, die kriminelle Energie der Autoindustrie fördert statt stoppt sowie Genossenschaften, Kommunen und »Bürgerenergie« bei der Energiewende ausbremst. Deutschland heizt durch klimaschädliche Subventionen im In- und Ausland die Krise an. Im Klimaschutzindex ist es auf Platz 27 zurückgefallen. Dabei liegen die notwendigen klimapolitischen Maßnahmen seit langem auf dem Tisch, die Unterstützung in der Bevölkerung für entschiedenes Handeln war noch nie so groß wie jetzt.
Merkwürdig unwirklich sind da Debatten in der deutschen Linken, die Ökologie und Soziales trennen wollen. Wer meint, es reiche, sich um die Beschäftigten in der Kohleindustrie zu kümmern, aber nicht sieht, dass es bei uns in Deutschland sehr grundlegend um Fragen von Energiearmut und Gerechtigkeit geht, global noch viel mehr um Gleichheit und Ausbeutung, um Konzernmacht und Eigentum, hat die Zeichen der Zeit nicht erkannt. Spätestens seit den Protesten der »Gelbwesten« in Frankreich ist klar, dass eine neoliberale, »angegrünte« Klimapolitik zum Scheitern verurteilt ist. Der Linken kommt die Aufgabe zu, als moderne ökosozialistische Partei die soziale Frage in aller Konsequenz zu stellen: Was wollen wir retten, den Kapitalismus oder das Klima? Der Kampf um Klimagerechtigkeit ist Klassenpolitik.