Bund hat keine Ahnung von Bomben im Meer

 Aus dem Neuen Deutschland vom 18.5.18

 

LINKE: Waffenfirmen sollen Kriegsaltlasten beseitigen

 Von Simon Poelchau 

 

Der Fund, auf den die Besatzung eines Sicherungsschiffs des Windparks Godewind 2 Mitte Januar vergangenen Jahres 50 Kilometer nördlich der Nordseeinsel stieß, jagte ihr vermutlich einen Riesenschrecken ein: Es war eine im Meer treibende Ankertaumine aus dem Zweiten Weltkrieg - mit einer Explosionskraft von 150 bis 250 Kilogramm Sprengstoff.

Für die Mannschaft ging das Erlebnis noch glimpflich aus - die Mine wurde tags darauf fachgerecht auf einer Sandbank gesprengt. Doch noch immer liegen und schwimmen etliche Torpedos, Bomben, Granaten, Minen und andere Munitionsteile aus den Weltkriegen in den Gewässern vor Deutschland.

 

»Die Kampfmittel in der Nord- und Ostsee sind weiter ein riesiges Problem, die Folgen vom Ersten und Zweiten Weltkrieg sind für Mensch und Natur noch heute eine reale Bedrohung«, sagt Lorenz Gösta Beutin, klimapolitischer Sprecher der Linksfraktion im Bundestag. Trotzdem sei das Problem von der Politik jahrzehntelang unter den Teppich gekehrt, eine systematische Räumung nicht angegangen worden. Seine Fraktion wollte von der Großen Koalition wissen, wie viele Weltkriegsbomben noch in den Küstengewässern liegen. In der Antwort des Umweltbundesministeriums, die »neues deutschland« vorliegt, heißt es: »Der Bundesregierung liegen keine aktuellen Angaben zur Gesamtmenge der in Nord- und Ostsee lagernden Munition vor.« Die letzte Schätzung stammt von 2011. Demnach schwimmen 1,3 Millionen Tonnen konventionelle Altmunition in der deutschen Nordsee und 300 000 Tonnen in der Ostsee. Hinzu kommen über 5000 Tonnen chemische Altmunition. Allein 2017 wurden 2688 Kampfmittel gefunden.

Beutin erhebt wegen der mangelhaften Datenlage Vorwürfe gegenüber der Bundesregierung: »Die Seekarten sind bis heute nicht auf dem neuesten Stand.« In den 1990ern seien Kampfmittelvorkommen sogar aus den Karten gelöscht worden, um das Problem kleinzureden.

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Schriftliche Frage zu Altmunition in Nord- und Ostsee.
Frage 4/475 vom 30.4.18
AW 475 PSt FP.pdf
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