
Die Partei Die Linke hat bei den Protesten anlässlich der am vergangenen Freitag zu Ende gegangenen Weltklimakonferenz kräftig mitgemischt. Wird sie zur neuen Umweltpartei?
Anders als die Grünen begreifen wir Umweltpolitik nicht als Lifestyle-Thema, das man – wie bei den Sondierungen geschehen – für den Machterhalt opfert. Der sozial-ökologische Umbau ist im Kern eine Frage globaler Gerechtigkeit und betrifft ganz unmittelbar die Zukunft aller Menschen.
Im Kern ist es eine soziale Frage. Ökologie spielt bei uns schon lange eine Rolle. In der öffentlichen Wahrnehmung fliegt linke Umweltpolitik allerdings viel zu oft unterm Radar. Das muss sich ändern.
Der Ausstieg aus der Kohle ist inzwischen ein zentrales Thema. Auch für die Linkspartei?
In unserem Wahlprogramm fordern wir einen schrittweisen Kohleausstieg bis 2035. Für uns ist das Teil des notwendigen sozial-ökologischen Umbaus. Wir müssen so rasch wie möglich raus aus der Nutzung fossiler Energieträger, weil diese maßgeblich zum Anstieg des CO2 in der Atmosphäre und damit zum Klimawandel beiträgt. Deutschland spielt in dieser Beziehung international eine zentrale Rolle. Daher finde ich es besonders bedauerlich, dass es sich in Bonn nicht der von Kanada angestoßenen Allianz angeschlossen hat, die einen raschen Ausstieg aus der Kohleförderung vorantreiben will. Es gibt Studien, die zeigen, dass der Ausstieg bis 2030 realistisch ist, und zwar auch, wenn am Atomausstieg festgehalten wird.
In Brandenburg scheint sich aber die dort mitregierende Linkspartei damit abgefunden zu haben, dass das Bundesland seine Klimaziele abschwächt.
Beschlossen ist das bisher nicht. Es gibt nur einen entsprechenden Vorstoß seitens des SPD-geführten Wirtschaftsministeriums. Dagegen gibt es Protest, und zwar nicht nur aus der Öffentlichkeit, sondern auch aus der Linkspartei. Ich bin also optimistisch, dass Die Linke sich für soziale Alternativen einsetzt und zugleich am Kohleausstieg festhält. Es geht auch um die Arbeitsplätze in der Region. Der Bund müsste sowohl in der Lausitz als auch im rheinischen Braunkohlerevier Konversionsmaßnahmen fördern und einen Strukturwandelfonds auflegen. Die Menschen brauchen konkrete Alternativen.
Jetzt, wo die Grünen öffentlich in den – letztlich gescheiterten – Sondierungsgesprächen den schnellen Ausstieg aus der Kohleverstromung aufgeben haben, hätte Die Linke die Gelegenheit, radikale Umweltschützer an sich zu binden. Im Thesenpapier der Fraktionsspitze zur künftigen Ausrichtung der Bundestagsfraktion kommen jedoch die Stichworte Energie, Umwelt oder Klima nicht vor.
Das einzige zu diesem Thema ist die Feststellung, dass am Ziel des sozial-ökologischen Umbaus festgehalten wird. Die Fraktionsvorsitzenden sind in diesem Bereich relativ schwach aufgestellt. Umso wichtiger ist es, dass sich andere Abgeordnete für das Thema stark machen. Darin sehe ich eine meiner Aufgaben.
Die übergroße Zahl unserer Wählerinnen und Wähler hat uns wegen inhaltlicher Positionen und nicht aus Protest gewählt. Da sind auch Menschen dabei, die von den Grünen kommen und gesehen haben, dass diese weder für Friedenspolitik, noch für eine vernünftige Migrationspolitik, noch für soziale oder ökologische Positionen glaubhaft eintreten.
Was bedeuten eventuell anstehende Neuwahlen für die Linkspartei?
Das Wahlprogramm ist Grundlage der Arbeit unserer Fraktion und deutlich zukunftsweisender als das Papier von Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch. Dort wird beispielsweise der Begriff Auslandseinsätze durch Kampfeinsätze ersetzt. Das ist eine Änderung unserer friedenspolitischen Position, die sich da andeutet. Hier muss die Partei ihre Stimme erheben und darauf bestehen, dass Die Linke die Friedenspartei im Bundestag ist und konsequente Positionen vertritt. Wir müssen als Fraktion zudem weniger brav und parlamentsfixiert sein, wir können da als Teil linker Bewegungen deutlich frecher werden. Wir stehen gegen Hass und Rassismus, treten aber genauso für eine andere Gesellschaftsordnung ein. »System change, not climate change« (Systemwandel statt Klimawandel, jW) hieß das auf der Klimademo in Bonn. Ich denke, diesen Auftrag sollten wir annehmen.