Solidarität ist Eure Stärke im Kampf um Euer Recht

Foto zeigt Lorenz Gösta Beutin, Landessprecher LINKE Schleswig-Holstein bei Warnstreik AWO
Rede beim zweiten AWO-Warnstreik von ver.di in Kiel.

Beim zweiten landesweiten Warnstreik der Arbeiterwohlfahrt (AWO) Schleswig-Holstein haben heute in Kiel 650 Kolleginnen und Kollegen für bessere Bezahlung und einen Tarifvertrag für alle Beschäftigten demonstriert. Ich bin eingeladen worden, als Landessprecher eine Rede für DIE LINKE zu halten. Hier der ganze Text:

 

Liebe Kolleginnen und Kollegen!

 

DIE LINKE. Schleswig-Holstein unterstützt Euren

Warnstreik. Eure Forderungen sind richtig und notwendig, gerade in dieser Zeit!

 

Zu Beginn möchte ich Euch herzliche Grüße von Cornelia Möhring ausrichten, unserer schleswig-holsteinischen Bundestagsabgeordneten und stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden. Sie kann leider heute nicht hier sein, weil Sitzungswoche ist, wünscht Euch aber „viel Kraft und Durchhaltevermögen für die anstehenden Auseinandersetzungen.“

 

Ich war bereits mit meiner Landessprecher-Kollegin Marianne Kolter bei Eurem ersten Warnstreik am 6. Oktober in Neumünster und mich haben die Solidarität und der Kampfeswille dort beeindruckt. Umso mehr freue ich mich, dass Ihr mich eingeladen habt, heute hier zu sprechen.

Ich möchte einsteigen mit einem Zitat, das ich Euch mitgebracht habe:

 

„Wir bestimmen – vor unserem geschichtlichen Hintergrund als Teil der Arbeiterbewegung – unser Handeln durch die Werte des freiheitlich-demokratischen Sozialismus: Solidarität, Toleranz, Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit.“

 

Nein, dieses Zitat stammt nicht aus dem Programm der LINKEN. Das sind Worte aus dem Grundsatzprogramm der Arbeiterwohlfahrt.

 

Was ich bis jetzt aber höre, entspricht diesen Zielen gar nicht. Ihr ward es, die in den letzten Jahren sprichwörtlich den Karren aus dem Dreck geholt habt, indem Ihr den „Sanierungstarifvertrag“ mitgemacht habt. Dabei waren es nicht die Beschäftigten, die so einen Tarifvertrag notwendig gemacht haben, es war die Unternehmenspolitik, die Arbeitgeberseite. Deshalb ist es jetzt umso berechtigter, wenn Ihr Eure Forderungen laut und deutlich stellt.

 

Und dabei ist Eure Forderung einer Angleichung an den TVÖD bis 2020 ja noch nicht wirklich revolutionär. Es geht nur darum, einen Normalzustand wiederherzustellen, Euer gutes Recht einzufordern. Vergessen wir nicht, was die zurückliegenden Lohneinbußen für viele Kolleginnen und Kollegen im Alltag bedeutet haben, was sie auch zukünftig bedeuten, wenn es um die Berechnung der Rente geht.

 

Als Beispiel führe ich hier nur die Reinigungskraft an, die bei der AWO 24 beschäftigt ist und einen Stundenlohn von 9,02 Euro erhält. Das liegt deutlich unter dem branchenspezifischen Mindestlohn in der Gebäudereinigung. Und das in einem Unternehmen wie der AWO, in dem der Vorsitzende Wolfgang Stadler nicht müde wird, den Mindestlohn richtigerweise als Errungenschaft zu preisen und Ausnahmen vom Mindestlohn zu geißeln. Die AWO sollte anfangen, sich an ihre eigenen Ansprüche zu halten!

 

Und seien wir mal ehrlich: Die 9 Euro sind kein irgendwie angemessener Lohn, effektiv kann damit kein Einkommen erzielt werden, das über der Armutsgrenze hier in Deutschland lebt, noch viel weniger kann damit der Altersarmut entgegengesteuert werden. Diese 9 Euro sind ein Hungerlohn. Im Grundsatzprogramm steht „Wir sind ein Mitgliederverband, der für eine sozial gerechte Gesellschaft kämpft und politisch Einfluss nimmt.“ Ja, wann handelt dieser Mitgliederverband denn dann nach diesen Zielen?!

 

Umso zynischer ist es, dass die Arbeitgeberseite verkündet hat, dass sie keinen gemeinsamen Tarifvertrag will, sondern Beschäftigten der AWO 24 weiterhin deutlich schlechter bezahlt werden sollen. Das ist eine Vertiefung der Spaltung der AWO, und es ist gut, dass Ihr das nicht hinnehmen werdet: „Eine AWO, ein Tarif!“

 

In Eurem Grundsatzprogramm steht: „Soziale Kälte und kommerzieller Konkurrenzkampf dürfen die soziale Arbeit nicht prägen.“ Genau das tut die AWO aber gerade: Sie versucht den Konkurrenzkampf in die Belegschaft zu tragen, sie versucht, Euch zu spalten. Das darf nicht hingenommen werden, und das nicht allein im Interesse der Beschäftigten, sondern im Interesse und vor dem Hintergrund der fortschrittlichen Geschichte der gesamten AWO.

 

Ich will Euch nicht überstrapazieren, aber ich will noch einen Gedanken bringen, warum Euer Kampf so wichtig ist: Glücklicherweise wird in den letzten Monaten wieder über Gerechtigkeit in unserer Gesellschaft gesprochen. Es wird darüber gesprochen, dass der Reichtum bei uns ungleich verteilt ist, dass die Schere zwischen arm und reich immer weiter auseinandergeht. Da sind die Kämpfe um gute Löhne und gute Arbeit auch Teil der Kämpfe für eine gerechte Gesellschaft. Und es kann nicht angehen, dass Vorstände von Konzernen wie VW oder der Deutschen Bank Millionengehälter kassieren, während hier die AWO-Arbeitgeber meinen, die Löhne, die hier teilweise in der Reinigung oder in der Jugendhilfe gezahlt werden, seien irgendwie akzeptabel. Deshalb ist Euer Kampf auch der um die Aufwertung dieser Berufe. Die wahren Leistungsträger unserer Gesellschaft sind nicht die Manager und Banker, es sind die hart arbeitenden Beschäftigten, besonders im Bereich der sozialen Arbeit, es seid Ihr.

 

Deshalb: Lasst Euch nicht kirremachen. Ihr habt gute Arbeit und gute Löhne verdient. Und falls Euch jetzt jemand sagt: Ihr sollet nicht streiken, denkt doch an die Kinder in den KiTas oder ähnliches – dann macht deutlich: Streik ist Euer gutes Recht. Dieser Streik ist notwendig. Und nicht zuletzt: Auch Ihr habt Kinder, habt Familien, auch ihr seid auf gute Löhne und gute Arbeitsbedingungen angewiesen.

 

Im Grundsatzprogramm der AWO steht der kluge Satz: „Solidarität ist auch Stärke im Kampf um das Recht.“ Ich finde, das passt sehr gut auf das, was Ihr hier macht. Ich will es etwas umformulieren:

 

„Eure Solidarität ist Eure Stärke im Kampf um Euer Recht!“


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