
Auf dem Landesparteitag 15.11.2015 wählte DIE LINKE. Schleswig-Holstein einen neuen, zwölfköpfigen Landesvorstand. Zur Landessprecherin wurde Marianne Kolter aus dem Kreisverband Pinneberg gewählt. Kolter ist bekannt aus der außerparlamentarischen Bewegung, insbesondere der Anti-Atom-Initiative im Kreis Pinneberg. Im Hinblick auf die Landtagswahl 2017 will sie gemeinsam mit der Partei eine Kampagne für mehr sozialen Wohnungsbau starten. Zum Landessprecher wurde Lorenz Gösta Beutin aus dem Kreis
Plön gewählt. Der Historiker will den Kampf gegen Niedriglöhne und Armut in den Mittelpunkt seines Engagements stellen.
Die Mitglieder stellten auf dem Landesparteitag erste Weichen für die Landtagswahl 2017. Insbesondere mit dem Thema soziale Gerechtigkeit wolle man den Wiedereinzug schaffen: „Schleswig-Holstein braucht in den kommenden Jahren eine soziale Alternative, eine starke LINKE – im Landtag, in den unterschiedlichen Bündnissen und Bewegungen und auf der Straße.“ (Beschluss "Für eine starke LINKE in Schleswig-Holstein" untenstehend). Um die Beteiligungsmöglichkeiten der Mitglieder zu stärken, sollen die Spitzenkandidat_innen der Partei zur Landtagswahl in einem Mitgliederentscheid ausgewählt werden.
Fotos: Peter Werner / Kieler Arbeiterfotografen
In ihrem Beschluss zur Flüchtlingspolitik kritisiert die Partei die Küstenkoalition dafür, der Asylrechtsverschärfung im Bundesrat zugestimmt zu haben. Kürzungen von Leistungen und schnellere Abschiebungen in vermeintlich sichere Herkunftsländer seien falsche Antworten auf die aktuellen Herausforderungen. Statt sich abzuschotten, müsste die Diskussion über Fluchtursachen wie Krieg, Gewalt und Umweltzerstörung im Mittelpunkt stehen. DIE LINKE kündigte an, weiterhin entschieden gegen Rechtspopulismus und rassistische Hetze in Schleswig-Holstein einzutreten.
Des Weiteren beschlossen die Mitglieder, die Kampagne „NOlympia“ gegen die Olympischen Spiele in Kiel und Hamburg zu unterstützen. Statt Millionen für eine Olympiabewerbung zu vergeuden und Sportstätten zu bauen, die später keine angemessene Nachnutzung finden, solle besser in Breitensport, Kindertagesstätten und die Infrastruktur investiert werden.

Beschluss "Für eine starke LINKE in Schleswig-Holstein"
DIE LINKE in Schleswig-Holstein wird 2017 um den Wiedereinzug in den Landtag kämpfen. Viele unserer Mitglieder sind in unterschiedlichen Zusammenhängen aktiv, ob in Kommunalparlamenten, in der Flüchtlingspolitik, in Gewerkschaften und sozialen Bewegungen, in antimilitaristischen oder antifaschistischen Bündnissen. Wollen wir erfolgreich sein, muss es uns gelingen, die unterschiedlichen Kompetenzen und Politikansätze zu bündeln. Deshalb wollen wir gemeinsam unter Einbeziehung aller Mitglieder, aller unterschiedlichen Ansätze und Traditionen den Neustart wagen. Der Parteitag wird einen Landesvorstand wählen, der die strategische Ausrichtung der Landespartei in einen Wahlkampf lenken muss, der unsere Partei stärkt, wieder zusammenführt und so einen Einzug in den Landtag und danach in die kommunalen Vertretungen ermöglicht.
Seit drei Jahren regieren SPD, Grüne und SSW in Schleswig-Holstein. Die günstige Konjunkturlage und erhöhte Steuereinnahmen erlaubten es der Landesregierung bisher, einen „sanften“ Kurs zur Einhaltung der Schuldenbremse zu fahren. Dazu wurden und werden auch mögliche Konfliktherde wie die massiven Strukturprobleme auf die lange Bank geschoben:
- Spätestens mit der dramatisch ansteigenden Zahl der Schutzsuchenden wird deutlich, dass die gemeinsam von CDU, SPD, FDP und den GRÜNEN jahrelang vorangetriebene „Entstaatlichung“ und letztlich Zerrüttung der öffentlichen Infrastruktur zugunsten einer ideologisch begründeten Schuldenbremse die Hauptursache der gegenwärtigen enormen Probleme ist. Zwar hält die Landesregierung grundsätzlich an ihrem Haushaltskonsolidierungskurs des Erreichens der „Schwarzen Null“ 2020 fest, ist aber bereit, die „Schuldenbremse“ zu lockern, anders als die CDU. Die Frage ist, ob in Zukunft bei schlechterer Konjunkturlage und sinkenden Steuereinnahmen massiv gekürzt oder grundsätzlich die „Schuldenbremse“ in Frage gestellt wird.
- Was das Land und die Kommunen versäumen, leisten momentan ehrenamtliche Helfer_innen überall in Schleswig-Holstein: Sie kümmern sich um Geflüchtete, sortieren Spenden, geben Sprachunterricht usw. Entgegen vorheriger Versprechungen hat das Land den „Winterabschiebestopp“ aufgehoben. Sinti und Roma, die vor Verfolgung hierher geflohen sind, sind von Abschiebungen in vermeintlich sichere „Herkunftsstaaten“ bedroht. Statt sich für die Bekämpfung von Fluchtursachen starkzumachen, hat die Landesregierung mit ihrer Zustimmung zur Asylrechtsverschärfung im Bundesrat deutlich gemacht, dass für sie die Abschreckung von Flüchtlingen und die Eindämmung des sogenannten Flüchtlingsstroms im Vordergrund stehen.
- Die Investitionsquote liegt bei nur 6,7 Prozent. Dabei werden beispielsweise nicht erst seit Mitte dieses Jahres dringend Wohnungen benötigt. Doch der soziale Wohnungsbau liegt darnieder, viele Wohnungen, die aus der Sozialbindung gefallen sind, wurden privatisiert. Im Bereich der Straßenverkehrsinfrastruktur ist nach dem von der Landesregierung vorgelegten Bericht in Schleswig-Holstein 2014 knapp ein Drittel des Landesstraßennetzes dringend sanierungsbedürftig. Hinzu kommt ein ÖPNV, der gerade in den ländlichen Regionen nicht einmal eine rudimentäre Versorgung sicherstellt. Mobilität wird so zum Luxusgut. Zudem sparen die Städte und Gemeinden an den „freiwilligen Aufgaben“ wie Kultur und Schwimmbädern, während für sinnlose Prestigeprojekte wie bspw. eine Olympia-Bewerbung in Kiel immer Geld da ist.
- Die Belastung der Mitarbeiter_innen des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH) mit seinen Standorten Kiel und Lübeck: „Arbeitsverdichtung und Belastung der Mitarbeiter sind unerträglich geworden“, so der Geschäftsführer der Krankenhausgesellschaft, Bernd Krämer. Weil das Land allein die benötigten Investitionsmittel nicht aufbringen könne, müsse der Bund helfen.
- Statt endlich einen Schlussstrich unter die Misere „HSH Nordbank“ zu ziehen, soll die Bank in eine operative Einheit und eine Holding als „Bad Bank“ aufgespalten werden. Politisch geboten wäre eine sofortige Abwicklung. Dann gäbe es auch die Möglichkeit, die Verantwortlichen der Bank zu belangen. So wird der Termin der Abwicklung der Bank auf nach der Landtagswahl verschoben. Dann stehen radikale Kürzungen ins Haus, um die Verluste auszugleichen.
- Laut Statistischem Landesamt für Hamburg und Schleswig-Holstein waren 2014 beispielsweise fast 19.600 Menschen über 64 Jahre – davon fast zwei Drittel Frauen – auf Leistungen zur Grundsicherung angewiesen. Das sind vier Prozent mehr als im Vorjahr. Gegenüber 2009 betrug der Anstieg 29 Prozent. Mit 42,7 Prozent der abhängig Beschäftigten gehen mehr Menschen in unserem Land einer Tätigkeit in Teilzeit, Leiharbeit und Minijobs nach als in jedem anderen Bundesland.
Diese Schlaglichter machen deutlich: Als Partei der politischen Linken kommt uns eine zentrale Verantwortung zu: Als einzige Partei, die die Schuldenbremse ablehnt, weil sie zu einer unsozialen Kürzungspolitik zwingt, haben wir realistische Chancen, 2017 in den Landtag einzuziehen. Wir sind der Ansicht, dass nur durch eine Steigerung der Einnahmen und eine Umverteilungspolitik soziale Alter-nativen entwickelt werden können. Es braucht langfristig ein Paket von Maßnahmen, um die Strukturkrisen in Schleswig-Holstein zu lösen. Geschieht dies nicht, werden in der gegenwärtigen politischen Situation die soziale Spaltung und die Armut im Land zunehmen. Gerade wenn einkommens-schwache Bevölkerungsgruppen gegen Menschen, die bei uns Schutz suchen, ausgespielt werden, wächst die Gefahr, dass rechtspopulistische und rechtsradikale Parteien profitieren.
Tatsache ist aber auch, dass es weder eine einheitliche soziale Bewegung gibt, die eine grundsätzlich andere Politik durchsetzen könnte, noch eine parlamentarische Mehrheit zur Abschaffung der Schuldenbremse in Sicht ist. Unter diesen Bedingungen müssen wir eine Politik entwickeln, die direkt bei den Sorgen und Nöten der Menschen ansetzt und konkrete Veränderungen vorschlägt. Das muss so-wohl auf Landesebene als auch in den Kreisverbänden geschehen. Die Vernetzung unserer kommunalen Vertreter_innen, die zum Teil regelmäßig in der Öffentlichkeit vertreten sind, müssen wir dafür stärken, ihre Kompetenzen stärker nutzen.
Unsere Bündnispartner_innen sind die, die von einer unsozialen Politik betroffen sind, die versuchen, in ihren jeweiligen Feldern in Schleswig-Holstein Gegenmacht zu entwickeln, mal mehr, mal weniger erfolgreich. Es sind die Gewerkschaften, die um höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen ringen. Es sind die Sozialverbände, die Arbeitsloseninitiativen, die Bündnisse gegen Hartz IV, die gegen die Armut in unserem Land und für eine andere Sozialpolitik streiten. Es sind die Organisationen der Flüchtlingshilfe, die Menschen, die sich vor Ort für Geflüchtete einsetzen. Es sind die Senior_innen, die Krankenhausangestellten, die Hebammen, die sich zur Wehr setzen gegen eine Politik, die nur nach dem Mehrwert von Menschen fragt, nicht nach menschlicher Würde. Es sind die Initiativen, die sich für mehr Demokratie, gegen TTIP und CETA oder für mehr Mitsprache in den Kommunen engagieren. Es ist die Friedensbewegung, sind die antimilitaristischen Gruppen, die sich für den Stopp von Rüstungsproduktion, gegen die Bundeswehr an Schulen und für mehr Geld für Bildung statt für Rüstung stark machen.
Der LINKEN kommt die Aufgabe zu, in ihrem Programm und ihrer Praxis die Erfahrungen dieser unterschiedlichen Kämpfe zu bündeln und das Gemeinsame herauszuarbeiten – den Streit für eine soziale,
demokratische und friedliche Politik. Dabei müssen wir auch die Erfahrungen der letzten Landtagsfraktion berücksichtigen und dürfen uns nicht verzetteln. Es gilt unsere Kernkompetenz zu stärken,
die soziale Gerechtigkeit. Hier wird uns die größte Glaubwürdigkeit zugeschrieben, hier haben auch andere westliche Bundesländer, etwa Hamburg und Bremen, gute Erfahrungen gemacht. Und: Wir
müssen an unserer politischen Kultur arbeiten, weg vom „Sitzungssozialismus“ hin zu einer aktionsorientierten, lebendigen und solidarischen Partei kommen, in der auch Jugendliche und Frauen Spaß
haben mitzuwirken. Eine gemeinsame Politik zu entwickeln, bedeutet nicht, Widersprüche zu übertünchen oder Konflikte glattzubügeln. Aber statt auszuloten, wo die anderen ihre Schwächen haben,
sollte es uns darum gehen, unsere Stärken einzubringen, um alle Mitglieder und die Partei insgesamt zu stärken.
Der Wiedereinzug 2017 wird kein Selbstgänger sein. Er wird nur durch gemeinsame Anstrengung, Stärkung der Partei, politische Bildungsarbeit und einen Landesvorstand gelingen, der sowohl nach außen politisch wirkt als auch nach innen in die Mitgliedschaft und insbesondere in die Kreisverbände. Schleswig-Holstein braucht in den kommenden Jahren eine soziale Alternative, eine starke LINKE – im Landtag, in den unterschiedlichen Bündnissen und Bewegungen und auf der Straße.