
Eine normale Fachkonferenz nannte Joachim Krause, Direktor des „Instituts für Sicherheitspolitik an der Universität Kiel“ (ISPK) die sogenannte Kiel Conference, die er mit dem NATO-Exzellenzzentrum für den Ostseeraum während der Kieler Woche durchführte. Doch nicht nur, dass die Ergebnisse der Konferenz vom 23. Juni geheim gehalten werden, auch dass für die logistische Planung der Tagung die Bundeswehr zuständig war, lässt an diesem Charakter zweifeln. So wurde das Kieler Maritim-Hotel als Tagungsort kurzerhand zum Sicherheitsbereich der Bundeswehr erklärt und von Feldjägern geschützt.
Das NATO-Manöver "Baltops" und die Kieler Woche
In seinem Facebook-Posting zur Kieler Woche begrüßte das ISPK die HMS Ocean, die als britisches Angriffsschiff das Baltops-Manöver der NATO anführte. Diese zweiwöchige Operation war im 43. Jahr ihres Bestehens so groß wie noch nie. Anders als in den Jahren zuvor wurden vor allem offensive Fähigkeiten geprobt. Unter Beteiligung von Finnland und Schweden, die offiziell neutral sind, wurde nahe der russischen Exklave Kaliningrad ein groß angelegtes Landemanöver durchgeführt.
Baltops war eines der Manöver, die auf der Kieler Woche ihren Abschluss fanden. Der schleswig-holsteinischen Küstenregion kommt verstärkt eine strategische Rolle für die militärischen Planungen im Ostseeraum zu. Immer häufiger sind der Lübecker und der Kieler Hafen Umschlagplatz für Truppenverlegungen ins Baltikum. Vize-Admiral James Foggo lobte anlässlich der NATO-Übung Kiel als wichtigsten Hafen der Region für die USA.
Krieg als Familien-Event
Ohnehin war das Volksfest militärisch geprägt. Über 50 Kriegsschiffe und 4500 Soldat*innen aus NATO-Staaten waren vor Ort, mehr als in den Jahren zuvor. Allein zum „Open Ship“ am Eröffnungswochenende strömten 6000 Interessierte: Mütter und Väter Arm im Arm mit Soldat*innen, Kinder, die sich von ihren Eltern vor waffenstarrenden Hubschraubern oder Torpedos fotografieren ließen. Krieg als Event für die ganze Familie.
Das Bündnis gegen die Kiel Conference
Bei dieser Kriegsbegeisterung mochte das Bündnis „War starts here. Keine Kriegs-Konferenz in Kiel!“ aus 30 Organisationen von Parteien über Gewerkschaften bis hin zur Friedensbewegung und antimilitaristischen Gruppen nicht mitmachen. Nicht nur mit einer Demonstration direkt am Tag der „Kiel Conference“ mit etwa 450 Teilnehmer*innen, sondern auch mit einer Veranstaltung am 15. Juni an der Kieler Universität, die knapp 80 Gäste besuchten, versuchte es einen Kontrapunkt zu setzen.
Bei der Mobilisierungs-Veranstaltung stellte u.a. Frank Hornschu, Geschäftführer des DGB in der Region Kiel, einen Beschluss vor, der nicht nur die militärische Ausrichtung und den geschlossenen Charakter der Konferenz von ISPK und NATO-Exzellenzzentrum kritisiert, sondern eine Friedens- und Entwicklungskonferenz an der Kieler Universität anregt, die öffentlich sein und alle zivilgesellschaftlichen Institutionen der Stadt einbeziehen müsse. Hornschu betonte, die Gewerkschaften seien „Teil der Friedensbewegung“ und machten sich für eine „aktive und nachhaltige Friedenspolitik stark.“
Zwischen Riesenrad und Imbissbuden
Die Demonstration des Bündnisses am 23. Juni führte vom Gebäude des ISPK zur Zwischenkundgebung am Tagungsort der „Kiel Conference“. Dort ließen sich allerdings die Feldjäger nicht blicken, sondern hielten sich in der Hotellobby auf. Die Abschlusskundgebung fand direkt an der Kieler Woche statt, zwischen Riesenrad und Imbissbuden. Dabei waren die Reaktionen der Kieler-Woche-Besucher*innen gemischt und reichten von Interesse und Zustimmung bis hin zu Pöbeleien von Menschen, die sich beim Biertrinken und Würstchenessen gestört fühlten.
Pointiert fasste Ruben Reid, der sich als studentischer Vertreter für die Einführung einer Zivilklausel an der Kieler Universität stark macht, die Kritik des Bündnisses zusammen: „Die Kieler Woche soll ein Fest der Völkerverständigung sein. Und auf der Kiel Conference wird jetzt über den Einsatz von Seeminen gesprochen. Wir finden, dass Seeminen ein schlechtes Mittel der Völkerverständigung sind.“
Langfassung eines Textes in der Tageszeitung "junge Welt" vom 27. Juni 2015.
* Auf Bitte von PeWe seine Erläuterung: "Die Kieler Arbeiterfotografen haben
mit den Kölner Querfrontlern nichts zu tun, wollen mit ihnen nichts zu tun haben,
fotografieren aber in der Tradition der Alten Arbeiterfotografie."
- Kiel Conference 2016
- Gegen den Kriegseinsatz in Syrien
- Bericht von der Mobilisierungsveranstaltung
- Interview zur Kiel Conference
- Aufruf "War starts here - Keine Kriegs-Konferenz in Kiel"
- Kommentar: Kriegs-Konferenz versenken!
- LinX 6/2015: Kiel Conference 2015
- Vom Volksfest zur NATO-Show
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- Sammlung der Texte zur Kiel Conference