
Besonders zu Beginn war das Thema "Federal Reserve System" (FED) ganz zentral bei den "Mahnwachen für den Frieden". Im ersten Aufruf, den die Kieler Mahnwache kopierte, forderte Lars Mährholz das Ende der FED, die seiner Ansicht nach für alle Kriege der vergangenen hundert Jahre die Verantwortung trüge (siehe Dokumentation). Jürgen Elsässer verstärkte den antisemitischen Charakter dieser Erzählung, indem er dies ergänzte durch die Namen "Rothschild, Rockefeller" und andere. Da wir uns im Bündnis "Friede, Freiheit, Brot" nicht nur um Kritik, sondern auch um Aufklärung und Alternativen bemühen, haben
wir am 13. November 2014 Professor Norbert Finzsch zu uns für einen Vortrag zum Thema "Bankenkritik und Antisemitismus" eingeladen. Neben anderen interessierten Gästen kamen auch Mitglieder der
Kieler Mahnwache und diskutierten mit (zur Kieler Mahnwache). Es ging u.a. um Grundlagen einer marxistischen Analyse des Antisemitismus (unter Bezug auf Moishe Postone) und eine Kritik an der Zinskritik
Silvio Gesells. Ein spannender Vortrag und eine gute Diskussion im Kieler Gewerkschaftshaus. Für alle, die nicht dabeisein konnten, gibt es jetzt nochmal die Gelegenheit, sich den Beitrag
anzuhören. Die Gruppe "Löwenzahn" hat den Vortrag von Norbert Finzsch aufgenommen und uns zur Verfügung gestellt. Er kann hier nachgehört werden.
Dokumentation der Veranstaltungseinladung:
Milliarden wurden in die Rettung der Banken während der Finanz- und Wirtschaftskrise investiert, während besonders betroffenen Staaten harte Einschnitte im Sozial- und Gesundheitswesen abverlangt
wurden. Diese Politik wird zurecht von vielen Seiten kritisiert. Doch die gegenwärtige Diskussion um die Funktion der Banken und die Kritik am Finanzkapitalismus hat an ihren Rändern Anklänge an
verschwörungstheoretische Diskurse: Immer wieder wird die Zentralbank der USA, das „Federal Reserve System“, als Auslöser von Krisen und Kriegen benannt.
Doch gerade wenn man Kapitalismuskritik von links ernst nimmt, muss man hinterfragen, was an der Verdächtigung der sogenannten FED dran ist. Nicht zuletzt Politiker_innen der politischen Rechten
wie Ron Paul, zweifacher Präsidentschaftskandidat der Republikaner und der Libertären Partei und intellektueller Pate der „Tea Party“, fordern die Abschaffung der Federal Reserve. In Beiträgen im
Internet, auf etlichen „Mahnwachen für den Frieden“, aber auch von rechten Demagogen wie Jürgen Elsässer wird die FED mit sogenanntem „jüdischen Kapital“ in Verbindung gebracht, allen voran den
„Rothschilds“.
Die antisemitische Banken- und Kapitalismuskritik hat lange historische Vorläufer: Finzsch wird in seinem Vortrag besonders auf die historischen Vorläufer dieser Kritik eingehen und auch die
Rolle der Federal Reserve thematisieren.
Warum verbindet sich eine Kritik am Bankenwesen so häufig mit Antisemitismus? Wie können wir fundiert antisemitischen Stereotypen widersprechen? Wie lässt sich eine emanzipatroische Kritik an
unserer gegenwärtigen Gesellschaft formulieren, die auf antisemitische Stereotype verzichtet?
Nach dem Vortrag besteht breiter Raum für Fragen und Diskussion.
Prof. Dr. Norbert Finzsch lehrt an der Universität Köln Anglo-Amerikanische Geschichte.
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Weiterführender Text zur Geschichte des Antisemitismus und aktuellen
Debatten